Nun ist er aus – der Heilige Monat für alle Muslime. 28 Tage haben sie gefastet am Tag und gegessen bei Nacht, und alle die anderen Genüsse des Lebens. Für mich war Ramadan so in etwa, um vier Uhr nach Hause zu kommen mit knurrendem Magen und ich habe meinen aller größten Respekt vor meinen Kollegen, die in der Früh um vier Uhr gefrühstückt haben und dann erst wieder nach Sonnenuntergegen gegen sieben Uhr abends etwas zu sich nehmen dürfen. Ich habe es nicht geschafft (und nicht einmal versucht).
Die Nacht wird zum Tage
Das immer wieder erstaunlichste für mich ist der Wandel der Nacht, die zum Tag wird. Tagsüber sind die Straßen nahezu leer und für eine Stadt wir Riyadh ist dies eine erstaunliche Angelegenheit. Normaler Weis ist der Verkehr dicht gedrängt und gerade zur Rushhour – die sich auch noch von ungefähr acht Uhr morgens auf 10 Uhr verlegt.
Erst kurz vor dem Iftar setzt die eigentliche Rushhour ein und auch die Zeit der höchsten Unfallraten. Die Menschen wollen schnell nach Hause, nach einem langen und entbehrungsreichen Tag wohl durchaus verständlich. Nun ist auch die erste Zeit der Restaurants angebrochen, die wohl in dieser Zeit den größten Umsatz des Jahres machen. Reich gefüllte Buffets werden in einem atemberaubenden Tempo abgeräumt und auf nunmehr prall gefüllten Gästetischen neu arrangiert – bis der Muezzin anzeigt, dass die Zeit des Sonnenuntergangs angebrochen ist. Kaum ein Wort wird gesprochen – für Europäer, für die Essen gehen durchaus auch ein Faktor der gesellschaftlichen Verständigung ist, etwas befremdlich. Aber in der Situation wohl normal. Den das gesellschaftliche Leben beginnt erst nach dem Iftar. Ein Bekannter sagte mir in einer solchen Situation einmal: „You are the King in this moment.“ Und es stimmt wohl auch.
Der Muezzin ruft noch länger
Während in „Normalzeiten“ der Muezzin dann rund fünfmal zum Gebet ruft, ist im Ramadan der ganze Abend bis nach Mitternacht Gebetszeit. Man kann dies an den großen Moscheen sehen: direkt bei mir um die Ecke ist die King Khaled Moschee füllen sich nach dem Iftar langsam die Straßen, bis um 21 Uhr kein Platz mehr zu finden ist. Eine Situation, die sonst nur am Freitag zu finden ist. Und dies nun einen Monat jeden Abend – und später, so gegen 22 Uhr – füllen sich auch langsam die Spielplätze und sonstigen gesellschaftlichen Einrichtungen.
Wer nun gedacht hat, die Leute gehen jetzt essen, der sollte sich täuschen. Man hat ab 20 Uhr die besten Chancen, der einzige Gast zu sein – es ist die Zeit der gesellschaftlichen Verpflichtungen und des Pallavers. Etwas ungewöhnlich für die Mitarbeiter, die ihre Schichten ebenfalls komplett in die Nacht verlegen. Die ersten „normalen“ Gäste erscheinen erst gegen 1 Uhr, wenn es fast schon wieder zum Frühstück geht. Restaurants haben dann auch bis mindestens 2 Uhr in der Früh geöffnet, um der Umstellung der inneren Uhr gerecht zu werden.
Torsten denkt Deutsch
Und wie in Deutschland zu Weihnachten ist auch in Saudi Arabien im Ramadan ein Zusammenkommen der Firma angezeigt, landestypisch für Männer. Auf der Einladung stand um 10 Uhr – und ich hatte noch einen privaten Vortermin mit Nachbarn bis neun Uhr und dachte schon, ich sei zu spät. Ich war fünf Minuten vor 10 Uhr am Ort des Geschehens … und der Erste. Das Personal war noch am Aufbauen und wunderte sich, warum ich schon da war. Es ist übrigens die Zeit, wo sich kein Unternehmen lumpen lassen will und die feinsten Adressen der Stadt ansteuert.
Man trifft sich zunächst im arabischen Empfangsbereich. Im Rechteck stehen die Sofas und hier ist jeder gleich: vom obersten Chef der Muttergesellschaft bis hin zum Serviceman. Unterschiede gibt es nicht und jeder wird von jedem persönlich begrüßt. Erst zu angemessener Zeit, so gegen Mitternacht, wird dann zum Essen übergegangen, was dann ein relativ kurzes Geschäft ist. Essen steht nicht im Vordergrund – das gesellschaftliche Miteinander, dass Palavern im besten Sinne und der Gedankenaustausch sind der zentrale Punkt des täglichen Gatherings.
Ein wirklich beeindruckendes Spektakel.
Meine fürsorglichen Kollegen
Meine Kollegen waren im Übrigen immer um mich besorgt. Immer wieder wurde ich gefragt, ob ich auch faste – und dass ich ruhig etwas trinken solle, wenn es für mich wichtig ist. Ich habe es nicht getan, was eine Frage des Respekts ist. Sie waren beeindruckt, als ich mich bedankte und meinte, ich habe für alle Fälle mein Emergency Package dabei.
Fazit des vergangenen Monats
Ich war beeindruckt, mit welcher Disziplin die Menschen die Fastenzeit durchhalten. Das Leben geht langsamer voran in dieser Zeit und je länger der Ramadan dauert habe ich den Eindruck gehabt, sie warten immer stärker auf die Eid Holidays.